Partizipatives Lehren und Lernen mit digitalen Medien
Prof. Dr. phil. Kerstin Mayrberger lehrt und forscht am Hamburger Zentrum für Universitäres Lehren und Lernen (HUL) der Universität Hamburg. Ihre Professur für Lehren und Lernen mit dem Schwerpunkt Mediendidaktik und Digitalisierung von Lehren und Lernen (DLL) trat sie im November 2014 an.
Kerstin Mayrberger ist an einer systematischen Weiterentwicklung der Medienpädagogik interessiert. Ihr Fokus liegt auf dem Bereich der Mediendidaktik aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive und einem entsprechend weiten, zeitgemäßen Verständnis vom Lehren und Lernen mit digitalen Medien.
WiHo-Redaktion: Wie würden Sie das Profil Ihrer Professur mit Blick auf die Forschung beschreiben?
Kerstin Mayrberger: Wir haben insbesondere den Anspruch, einen empirisch fundierten Beitrag zu einem „veränderten Lehren und Lernen mit digitalen Medien“ in formalen Bildungskontexten zu leisten und zur weiteren Theoriebildung in diesem Feld beizutragen. Ebenso wollen wir den Austausch über Lehrentwicklung fachlich fundiert anregen. Dazu soll auch das Fachmagazin „Synergie“ für Digitalisierung in der Lehre beitragen, das ich herausgebe.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Lernen mit digital vernetzten Medien. Hierfür werden Praktiken des Wissenserwerbs mit mobilen Endgeräten in Schule, Hochschule und Weiterbildung erforscht, beispielsweise im Schulversuch TabletBS, den dies wissenschaftlich begleitet. Dazu gehört auch die zeitgemäße (Weiter-) Entwicklung von passenden Forschungsmethoden und Entwicklungsmaßnahmen. Dies zeigt sich an laufenden Projekten, in denen es um Awareness für Open Educational Resources geht. Beispiele hierfür sind die Hamburg Open Online University oder das Projekt SynLLOER.
WiHo-Redaktion: Was ist derzeit Ihr zentrales Forschungsprojekt?
Kerstin Mayrberger: Mein zentrales Forschungsprojekt liegt derzeit im Feld der Entwicklung einer partizipativen Mediendidaktik, die sich systematisch mit Fragen zur Partizipation von Lernenden in der Lehre unter den Bedingungen der Digitalisierung auseinandersetzt. Diesen Fragen gehe ich sowohl theoretisch als auch in Entwicklungs- und Forschungsprojekten unter dem Stichwort „Student Engagement“ empirisch nach. Dazu ist gerade eine Monografie mit einführenden Überlegungen zu einer partizipativen Didaktik unter den Bedingungen der Digitalisierung in Vorbereitung, die im nächsten Jahr bei Beltz Juventa erscheinen wird.
WiHo-Redaktion: Welchen gesellschaftlichen Bezug hat das Projekt zur partizipativen Mediendidaktik?
Kerstin Mayrberger: Der gesellschaftliche Bezug dieses Projektvorhabens liegt für mich ganz klar in der demokratiefördernden Perspektive. Meine Annahme ist hierbei, dass jemand, der Erfahrungen von authentischer und wirksamer Partizipation in unterschiedlichen Kontexten erlebt hat, eher ein Gefühl für den Wert demokratischer Grundprinzipien und Fragen zur Selbst- und Mitbestimmung sowie Solidaritätsfähigkeit entwickeln kann.
WiHo-Redaktion: Wie würden Sie das Profil Ihrer Professur mit Blick auf die Lehre beschreiben?
Kerstin Mayrberger: Meine regelmäßige Lehre erbringe ich derzeit im Rahmen von Lehrveranstaltungen im postgradualen Masterstudiengang „Master of Higher Education“. Hier liegen meine Schwerpunkte im Feld der Digitalisierung von Lehren und Lernen, (Medien-)Didaktik, Change Management und Forschungsmethoden. Inhaltlich stelle ich Bezüge zu aktuellen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben her wie z. B. zum Projekt Hamburg Open Online University oder partizipativem Lehren und Lernen mit digitalen Medien.
WiHo-Redaktion: Wie spiegelt sich die Digitalisierung in Ihren Lehrveranstaltungen wider?
Kerstin Mayrberger: Meine Lehrveranstaltungen werden in der Regel technisch durch eine Lernplattform, Social Software wie Wikis oder Weblogs oder einen virtuellen Klassenraum unterstützt und finden in einer Variante des Blended Learnings statt, damit die Lernenden zugleich und quasi nebenbei das Lernen mit digitalen Medien erleben. Denn es zeigt sich, dass bis heute die medienbezogenen Kompetenzen und Erfahrungen sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. Ebenso ist es mir wichtig, partizipationsfördernde Methoden einzusetzen, orientiert an den Lernenden, damit sie auch damit persönliche Erfahrungen sammeln und diese so für ihr eigenes Lehrhandeln besser bewerten können.
WiHo-Redaktion: Wenn Sie die freie Wahl hätten: An welcher Universität im Ausland würden Sie gern arbeiten? Warum?
Kerstin Mayrberger: Ich kann mir neben einer Tätigkeit an Universitäten im europäischen Ausland (allen voran Großbritannien, die Niederlande und Skandinavien) und den USA vor allem vorstellen, einmal an einer Universität in Neuseeland zu arbeiten – vorzugsweise an der University of Auckland. Von dort kann man bei der entsprechenden Ausrichtung der Weltkarte das Geschehen im Hochschulbereich unter den Bedingungen der Digitalisierung im wahrsten Sinne einmal vom Rand aus in den Blick nehmen und darüber reflektieren.
WiHo-Redaktion: Zum Status quo der WiHo-Forschung in Deutschland: Worin ist sie gut? Was fehlt ihr noch?
Kerstin Mayrberger: Meiner Einschätzung nach hat diese Art der Forschung in den letzten Jahren gerade durch Förderprojekte an Sichtbarkeit gewonnen, und es werden wichtige Themen zum Hochschulsystem einschließlich der Studierenden untersucht. Trotzdem fehlt es der WiHo-Forschung noch an Sichtbarkeit und breiter Anerkennung im Kontext der (Hochschul-)Bildungsforschung, ähnlich wie bei der Hochschuldidaktik jenseits von repräsentativen Studien zur Situation der Studierenden und der Hochschulen.
WiHo-Redaktion: Was sind aus Ihrer Sicht die zentralen Themen der kommenden Jahre in der WiHo-Forschung?
Kerstin Mayrberger: Ich kann hier nur ausgehend von meinen eigenen Einsichten Vermutungen anstellen. Einerseits halte ich die Untersuchung zur Rolle der Digitalisierung für wichtig sowohl für die Hochschulen als auch für die Entwicklung der akademischen Lehre. Andererseits brauchen wir belastbare Aussagen über Varianten des Studierens und darüber, wie sich das Studieren und die Akzeptanz unterschiedlicher Modelle aufseiten der Studierenden in den nächsten Jahren entwickeln wird. Auch hierbei schaue ich auf die mediatisierte Lebenswelt und die unterschiedlichen Lebenserfahrungen von Studierendengenerationen – GenX, GenY, GenZ, oder wie man sie titulieren mag – und darauf, wie diese ihren Blick auf das Lernen und die gesellschaftliche Entwicklung und ihre Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme beeinflussen.