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Ganzheitlich und interdisziplinär

Prof. Dr. Monika Jungbauer-Gans leitet seit dem 1. September 2015 das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Das Forschungsinstitut betrachtet das Hochschul- und Wissenschaftssystem ganzheitlich mit allen seinen Facetten – Lehre, Studium, Promotion, wissenschaftliche Weiterbildung, Forschung, Wissenstransfer und Innovation. Das Profil der Einrichtung ist gekennzeichnet durch die Analyse gesellschaftlich relevanter Themen.

WiHo-Redaktion: Was würden Sie als Mission Ihres Instituts ansehen?
Jungbauer-Gans: Das DZHW versteht sich als ein sowohl national als auch international agierendes Kompetenzzentrum mit einer klaren Forschungsorientierung und einer ausgewogenen Balance zwischen den sich wechselseitig befruchtenden Forschungs- und Dienstleistungsprogrammatiken. Dabei orientiert sich das Institut stets an gesellschaftlich sowie hochschul- und wissenschaftspolitisch relevanten Fragen und betreibt dazu anwendungsorientierte empirische Forschung. Auch Fragestellungen des nationalen und internationalen Forschungsdiskurses greifen wir auf. Wir sehen uns – den Empfehlungen des Wissenschaftsrats folgend – einer ganzheitlichen, interdisziplinären Erforschung der Strukturen und Prozesse im Hochschul- und Wissenschaftssystem verpflichtet.

Daneben richtet sich das Dienstleistungs- und Service-Angebot des DZHW an die Wissenschafts- und Bildungspolitik, die Scientific Community sowie Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Es umfasst Analysen, Expertisen und Beratungsleistungen für Entscheidungsträger und Akteure in Wissenschaft, Politik und Wissenschaftsadministration. Ziel ist es, ein qualitativ hochwertiges und methodisch dem Stand der Forschung entsprechendes Dienstleistungsangebot bereitzustellen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter engagieren sich aktiv für die Ziele des DZHW und tragen durch ihr Commitment dazu bei, Erkenntnisse über Hochschule und Wissenschaft zu schaffen, zu veröffentlichen und für Wissenschaftspolitik und Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

WiHo-Redaktion: Wie soll das Profil Ihrer Einrichtung in 10 Jahren aussehen bzw. welche Herausforderungen sehen Sie für das Institut in den nächsten Jahren?
Jungbauer-Gans: Die Forschung des DZHW basiert natürlich auf empirischer Evidenz und dem neuesten Stand der Analysemethoden. Wir greifen permanent innovative Fragestellungen auf und entwickeln bestehende Themenschwerpunkte weiter. Denn das DZHW will auch in Zukunft die Informationsbedürfnisse von Politik, Hochschulen und Gesellschaft befriedigen, im Hinblick auf langfristiges Monitoring und Transparenz der ablaufenden Prozesse und Entwicklungen in Hochschule und Wissenschaft.

WiHo-Redaktion: Zum Status quo der WiHo-Forschung in Deutschland: Worin ist sie gut? Was fehlt ihr noch?
Jungbauer-Gans: Die Wissenschafts- und Hochschulforschung bedient zuverlässig grundlegende Informationsbedürfnisse, beispielsweise in Fragen des Monitorings der Hochschulbildung. Was ihr fehlt, ist eine gute Datenbasis für Panelanalysen, um Bildungs- und Karriereverläufe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern untersuchen zu können. Wünschenswert wären auch mehr international vergleichende Studien zum Studienverlauf, dem Übergang in den Arbeitsmarkt, der Governance von Hochschule und Forschung sowie den Mechanismen und Entwicklungsdynamiken in Wissenschaft und Forschung.

WiHo-Redaktion: Was sind aus Ihrer Sicht die zentralen Themen der kommenden Jahre in der WiHo-Forschung?
Jungbauer-Gans: Es fallen mir eine ganze Reihe von Themen ein, beispielsweise die Erforschung von Governance-Strukturen und ihre Effekte auf die Leistungsfähigkeit von Hochschulen, Forschungsinstitutionen und Forschungskonsortien oder nichtintendierte Effekte von Wissenschafts- und Hochschulpolitik. Ebenso interessant ist die Verbindung akademischer und beruflicher Qualifikationen, beispielsweise im Hinblick auf „nichttraditionelle“ Studierende und ihren Studienerfolg, duale Studiengänge und akademische Weiterbildung für beruflich Qualifizierte. Auch die Rekrutierung des wissenschaftlichen Nachwuchses wird ein zentrales Thema der nächsten Jahre sein. Dabei wird es um die Identifikation und Motivierung exzellenter Nachwuchswissenschaftlerinnen und ‑wissenschaftler gehen, um Kollaboration versus individuelle Reputation und darum, welche Wechselwirkungen zwischen institutionellen Rahmenbedingungen und individuellen Karrieren bestehen.  

WiHo-Redaktion: Gegenwärtig ist ein starker Trend zur Aufnahme eines Studiums zu verzeichnen. Auch die Anzahl der Studiengänge ist in den letzten Jahren rasant gestiegen.  Können Sie diese Entwicklung als Wissenschafts- und Hochschulforscherin erklären?
Jungbauer-Gans: Dass die Zahl der Studierenden steigt, hat viele Gründe: Zum einen erhalten immer mehr Gymnasiasten eine Hochschulzugangsberechtigung, und immer mehr Studierende werden auch ohne Hochschulzugangsberechtigung unter bestimmten Voraussetzungen zum Studium zugelassen. Zum anderen ist das Risiko von Arbeitslosigkeit  bei höher Qualifizierten niedriger. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von monetären und nicht-monetären Bildungsrenditen, die die Motivation zur Beteiligung an höherer Bildung steigert.

Die Zahl der Studiengänge hat insbesondere im Zuge der Einführung der gestuften Studienstruktur stark zugenommen. Nicht nur die Aufteilung auf zwei Studienphasen, auch die Möglichkeit bzw. die Anforderung einer Profilierung und der Wettbewerb um leistungsfähige Studierende haben zu der Erhöhung geführt. Außerdem ist die zunehmende Zahl an Studiengängen politisch erwünscht, weil sich dadurch kreative Neuzuschnitte und interdisziplinär orientierte Studiengänge ergeben. Dadurch erhöht sich die Flexibilität, aber auch die professionspolitische Möglichkeit von Teildisziplinen, sich stärker zu etablieren.