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Mit Leistungs-Trackings gegen Studienabbruch

In den letzten Jahren wurden vermehrt Maßnahmen zur Auswahl, Information, Beratung und Integration von Studierenden an Hochschulen ins Leben gerufen, um den Studienerfolg erhöhen bzw. den Studienabbruch reduzieren zu können. Ein Forscherteam aus Bayern hat die Förderangebote für Studierende an Hochschulen untersucht. Im Interview mit der Zeitschrift ›Forschung & Lehre‹ gibt die Projektleiterin, Frau Dr. Susanne Falk, Einblick in diese Forschung und zeigt, worauf Studierende achten sollten.

Aus ›Forschung & Lehre‹ | von Katrin Schmermund, 19.03.2018

Forschung & Lehre: Frau Dr. Falk, anhand von Universitäts-Websites haben Sie untersucht, welche Beratungs- und Förderangebote Hochschulen für Studierende anbieten. Für welche Universität würden Sie sich als angehende Studentin entscheiden?
Susanne Falk: Ich würde natürlich zunächst auf die fachlichen Gesichtspunkte und erst in einem zweiten Schritt auf die Unterstützungsmaßnahmen in einem Fach schauen. Gut finde ich, wenn Universitäten ein Online-Self-Assessment anbieten, weil Studierende so testen können, was sie in einem bestimmten Studienfach erwartet und inwieweit sie ihre Interessen und Kompetenzen einbringen können.

F&L: Was macht gute Förderangebote nach dem Studieneinstieg aus?
Susanne Falk: Es ist wichtig, dass tatsächlich diejenigen Hilfe erhalten, die sie auch brauchen. Damit meine ich nicht nur zielgruppenspezifische Förderangebote. Häufig ist nämlich das Problem, dass Angebote zu spät greifen, etwa wenn Studierende schon durch Prüfungen gefallen sind oder die Hochschule verlassen wollen. Dem steuern Monitoring-Angebote entgegen, die laufend die Prüfungsleistungen von Studierenden auswerten und auf Grundlage dessen gezielte Beratungsangebote wie Tutoren- und Mentoren-Programme oder auch spezielle Fachkurse anzeigen. Mit Blick auf einzelne Veranstaltungen ist das "Integrierte Lernen", das "Blended-Learning", hilfreich. Gemeint ist damit die Kombination aus Präsenzveranstaltungen und E-Learning. Über das E-Learning können sich Studierende Lehrinhalte aneignen, die sie in der Präsenzveranstaltung noch nicht so gut verstanden haben.

F&L: Wie verbreitet sind Förderprogramme, die sich über den gesamten Studienverlauf erstrecken?
Susanne Falk: Im Moment überwiegen noch punktuelle Einzelmaßnahmen. Ein Monitoring bieten nur wenige Hochschulen an. Der Informationsbedarf, wie man so etwas am besten angeht, ist noch sehr hoch. Am besten ist ein Netzwerk an Einzelmaßnahmen, die optimal aufeinander abgestimmt sind, um die Studierenden ganzheitlich zu begleiten.

F&L: Erhöhen solche Vermessungen nicht noch den Druck auf Studierende, der seit der Umstellung auf Bologna nach dem Empfinden vieler Studierender ohnehin schon zugenommen hat?
Susanne Falk: Das Monitoring ist ja ein freiwilliges Angebot. Die Studierenden entscheiden selber, ob sie es machen. Ich denke daher eher nicht, dass Monitorings den Druck auf Studierende erhöhen. Vielmehr sehe ich darin den Ansatz der helfenden Hand. Als Studentin oder Student wird mir mit gezielten Angeboten geholfen, wenn ich Schwierigkeiten habe. Fakultäten wiederum ermöglichen solche Angebote, ein Gefühl dafür zu bekommen, welche die kritischen Phasen in einem Studium sind. Nur so können die richtigen Förderangebote entwickelt werden. 

F&L: Sie sprechen davon, dass Studierende optimal "begleitet" werden sollten. Was ist mit Studierenden, die in einem Studium gelandet sind, sich aber in Wirklichkeit besser mit einer Ausbildung und einem daran anschließenden Beruf identifizieren und sich darin realisieren könnten − sorgt ein solches Monitoring nicht dafür, dass solche Studierende durch ein Studium gehievt werden, um dann in einem Job zu landen, in dem sie sich eigentlich nicht richtig wohl fühlen?
Susanne Falk: Das sollte durch Angebote in der Orientierungsphase verhindert werden. Da sollten die Karten offen auf den Tisch gelegt werden. Die Leistungsanforderungen müssen transparent gemacht werden. Wie hoch ist zum Beispiel das geforderte mathematische Grundwissen für ein technisches Studium? Dies sollte Studierenden vor ihrer Entscheidung für das Fach klar sein. Für die Einschätzung der Anforderungen eines Faches sind neben einer persönlichen Beratung das Self-Assessment und das Schnupperstudium sehr hilfreich. Hochschulen sollten auch ihre Eignungsfeststellungsprüfungen überdenken: Werden hier überhaupt die "richtigen" Studierenden ausgewählt? Sind sie einmal eingeschrieben, ist ein Studienabbruch nämlich weder vonseiten der Hochschule noch der Studierenden gewollt und sollte nach Möglichkeit vermieden werden. 

F&L: Sie haben die Websites der Universitäten untersucht. Doch muss die Universität, die ihre Angebote am "schönsten" beschreibt, in der Praxis nicht die Beste sein. Wie stellen sie die Validität ihrer Ergebnisse sicher?
Susanne Falk: Valide Ergebnisse über die tatsächliche Wirkung von Förderangeboten im Studienverlauf werden wir in rund zwei Jahren haben. Wir arbeiten dafür mit Daten aus dem Nationalen Bildungspanel. Dahinter steckt eine deutschlandweit repräsentative Studierendenkohorte des Wintersemesters 2010/2011 von circa 18.000 Studierenden. Zu diesen haben wir sehr umfassende Informationen darüber, welche Studienverläufe sie einschlagen und welche Förderangebote sie dabei wahrgenommen haben. Bei der Analyse der Effektivität verschiedener Angebote muss natürlich bedacht werden, dass die Gründe für einen Erfolg oder Misserfolg im Studium sehr vielschichtig und oft tieferliegend sind. Es ist etwa davon auszugehen, dass Förderangebote kombiniert mit sozialen Aktivitäten die Motivation von Studierenden und die Zugehörigkeit zur Hochschule erhöhen, was sich auch wieder positiv auf den Studienerfolg auswirken kann.  

F&L: Wie wird sich das Portfolio von Förderangeboten in den kommenden Jahren Ihrer Einschätzung nach entwickeln?
Susanne Falk: Ich glaube, dass Förderangebote zunehmen werden und dies hoffentlich auch in dem Bereich verzahnter Angebote, die einen Studierenden über alle Phasen des Studiums hinweg begleiten. Bestimmte Förderinitiativen des Bundes, wie der Qualitätspakt Lehre, oder der Länder, wie die Initiativen MINTerAktiv zur Unterstützung von MINT-Studierenden in Bayern, deuten in diese Richtung. Zudem wurden viele Hochschulen in den letzten Jahren von sich aus aktiv und haben entsprechende Maßnahmen eingeführt. Vor fünf Jahren wären die Ergebnisse unserer Studie sicherlich nicht so facettenreich ausgefallen.  

Mit freundlicher Genehmigung von ›Forschung & Lehre‹. 

Das Interview auf der Webseite der Zeitschrift ›Forschung & Lehre‹ finden Sie hier (externer Link).