Navigation und Service

-

Auftaktveranstaltung der BMBF-Förderlinie Studienerfolg und Studienabbruch II

Teilnehmende der Auftaktveranstaltung in einer Videokonferenz
© FernUniversität in Hagen

Am 11. November 2021 fand die Auftaktveranstaltung der Förderlinie „Studienerfolg und Studienabbruch II“ statt, die von der FernUniversität in Hagen aufgrund der aktuellen Situation in digitaler Form ausgerichtet wurde. Im Rahmen der Veranstaltung stellten die 19 Förderprojekte ihre Forschungsvorhaben vor, diskutierten ihre Forschungsziele und -methoden und – soweit es sich um Anschlussprojekte der ersten Förderphase handelte – präsentierten erste Teilergebnisse.

Die Online-Veranstaltung zur 2. Förderphase der BMBF-Förderlinie „Studienerfolg und Studienabbruch“ wurde von Prof. Claudia de Witt, Dr. Julia Zimmermann, Heike Karolyi und Judith Preuß (alle FernUniversität in Hagen) ausgerichtet und bot ein vielfältiges Programm, das ganz im Zeichen des wissenschaftlichen Austausches und Erkenntnistransfers stand. Beiratsmitglied Prof. Dr. Hans-Dieter Daniel präsentierte Erkenntnisse und Anregungen aus der ersten Förderphase. Alle Projekte stellten in fünfminütigen Kurzpräsentationen die aktuellen Vorhaben vor. In vier Break-Out-Sessions am Nachmittag wurden aktuelle Themen im Bereich der Hochschul- und Wissenschaftsforschung diskutiert (Bedarfe des wissenschaftlichen Nachwuchses, Umgang mit Forschungsdaten, Open Science, Wissenstransfer & Wissenschaftskommunikation). Im Anschluss stellte Dr. Kai Mühleck (DZHW) aktuelle Ergebnisse zum Studium in der Corona-Pandemie auf Grundlage der „Studierendenbefragung in Deutschland“ vor. Zum Abschluss der Veranstaltung stellten die Mitglieder des Begleitgremiums in einer Abschlussdiskussion ihre Erwartungen, Standpunkte und Visionen zur Forschungsarbeit der Förderlinie vor.

Lessons Learned – Erkenntnisse aus der ersten Förderphase

Prof. Daniel nahm in seinem Eingangsvortrag Bezug auf die erste Förderphase, in der zwischen 2017 und 2021 insgesamt 19 Verbund- und Einzelvorhaben gefördert wurden. Im Zuge dessen stellte er auch die Abschlusspublikation vor, die 2021 von Prof. Andrä Wolter, Prof. Martin Neugebauer und Prof. Hans-Dieter Daniel herausgegeben wurde. Unter den drei Themenschwerpunkten 1) Ursachen, Umfang und Folgen des Studienabbruchs, 2) Wirksamkeit bestehender Ansätze und Verfahren zur Sicherung des Studienerfolgs und 3) Kosten des Studienabbruchs stellten die Projekte der ersten Förderphase darin ihre Forschungsergebnisse vor. Für jeden Themenschwerpunkt fasste Prof. Daniel die wichtigsten Ergebnisse aus den Projekten zusammen und benannte ggf. Probleme, die im Forschungsprozess aufgetreten sind.

Auf Grundlage der vorliegenden Forschungsergebnisse formulierte er eine Reihe von Anregungen für die 2. Förderphase: Um verallgemeinerbare Ergebnisse zu gewinnen, müssen Stichproben entsprechend geplant werden. Sie müssen hinreichend groß und repräsentativ sein, außerdem sollten Non-response-bias-Analysen durchgeführt werden. Dabei kann auch die Nutzung alternativer Datenerhebungsmethoden sinnvoll sein, um niedrige Rücklaufquoten und Panelmortalität zu vermeiden (z.B. administrative Daten, Studienverlaufsanalysen und Feldexperimente). Auch die Berücksichtigung des Forschungsstands außerhalb Deutschlands wurde nachdrücklich angeregt. Prof. Daniel empfahl den Projekten zudem, sich bei der Entwicklung und Durchführung von Befragungen beraten zu lassen, z.B. von der GESIS.

Kurzpräsentationen aus den Projekten – Arbeitsstand und Herausforderungen

Alle neun Einzelvorhaben und zehn Verbundvorhaben der 2. Förderphase der Förderlinie „Studienerfolg und Studienabbruch“ präsentierten ihre Forschungsvorhaben und – soweit es sich um Anschlussprojekte handelte – bisherigen Teilergebnisse auf der Auftaktveranstaltung. Geordnet nach den fünf Themenclustern A) Studienerfolg/-abbruch in digitalen Studienformaten, B) International vergleichende Forschungsvorhaben zum Studienerfolg/-abbruch, C) Präventions- und Interventionsmaßnahmen im Studium zur Reduzierung des Studienabbruchs, D) Nicht-monetäre Bildungserträge bei Studienabbruch sowie E) Studienerfolg und -abbruch: (Wirksamkeit von) Präventions- und Interventionsverfahren, Kosten, Ursachen und Folgen wurden die jeweiligen Forschungskonzepte und der aktuelle Arbeitsstand präsentiert. Die Projektvorstellungen gaben allen Teilnehmenden die Gelegenheit, die anderen Vorhaben der Förderlinie kennenzulernen und erste Anknüpfungspunkte für den Austausch und die Vernetzung zu identifizieren. Im Laufe der Vorstellungen wurde deutlich, dass die Vorhaben vor sehr ähnlichen Herausforderungen stehen, die zudem den aus der 1. Förderphase bekannten Problemen entsprechen. Neben der problematischen Datenlage zu Studienabbrecherinnen/
-abbrechern bei Sekundärdatennutzung, stellen niedrige Teilnahmequoten, Selektion und Panelmortaliät häufig genannte Probleme bei der Durchführung von Befragungen dar. Besonders die Abgrenzung von Studienabbruch zu Studienunterbrechung und Hochschulwechsel bereitet gewisse Schwierigkeiten. Als weiteres Problemfeld wurde der Transfer von Forschungsergebnissen genannt, da dieser häufig erst nach Projektende erfolgen kann.

Zusammenfassend zeigen die Projektvorstellungen, dass eine breite Palette von Erhebungs- und Auswertungsmethoden angewendet werden, z.B. Interventions- und Experimentalstudien, Daten aus moodle und administrative Daten. Neben der Nutzung von vorhandenen Sekundärdaten wie dem NEPS werden auch eigene Erhebungen an einzelnen oder mehreren Hochschulen durchgeführt. Bei den Projekten erscheint es einen großen Bedarf an Austausch und Vernetzung zu geben.

Zentrale Implikationen für das Forschungsfeld

Transfer

Der Transfer von Forschungsergebnissen in die wissenschaftliche Community und in die Praxis ist im gesamten BMBF-Förderschwerpunkt „Wissenschafts- und Hochschulforschung“ und wegen der herausgehobenen Bedeutung des Themas „Studienabbruch“ insbesondere auch in dieser Förderlinie ein wichtiges Thema, das in der Diskussion problematisiert wurde. In laufenden Projekten fehlen oft die zeitlichen Ressourcen und nach Projektende haben die Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter andere Aufgaben oder verlassen die Hochschule. Hier geht viel wertvolles Wissen verloren. Die in diesem BMBF-Förderschwerpunkt zu früheren Förderlinien angebotene Förderung von Transferprojekten wird begrüßt. Darüber hinaus könnten zusätzlich Strukturen geschaffen werden, beispielsweise in Form professioneller Beratungsangebote zur Erstellung von Transferformaten. Die Projekte müssten aber auch in der Auswahl geeigneter Ergebnisse beraten werden. Der Transfer von Forschungsergebnissen dieser Förderlinie wird besonders vor dem Hintergrund der Pandemie und einem erwarteten Anstieg des Studienabbruchs als äußert dringlich angesehen. Prof. Daniel wies in der Abschlussdiskussion aufweitere Herausforderungen bzgl. de Praxistransfers hin. Wenn Ergebnisse nicht auf andere Stichproben oder Bedingungen übertragbar sind oder nur schwache Effekte nachgewiesen werden können, kann der Praxistransfer seiner Meinung nach nicht verantwortet werden.

Datenlage

Während das NEPS die Studienabbruchquoten sehr wahrscheinlich unterschätzt, werden sie in dem DZHW-Schätzverfahren tendenziell eher überschätzt. Die amtliche Studienverlaufsstatistik hingegen sollte zuverlässige Abbruchzahlen bereitstellen können. Die Nutzung administrativer Daten bietet sich hier an, allerdings liefern diese keine Informationen zu anderen relevanten Variablen wie beispielsweise der Herkunft. Trotz dieses Mangels zeigt sich die gute Prognosefähigkeit administrativer Daten. Allerdings sind die Hochschulen verpflichtetet, nach einer gewissen Zeit die Daten von Studierenden, die die Hochschule verlassen haben, zu löschen. Diese Daten stehen dann nicht mehr für Forschungszwecke zur Verfügung.

Hinsichtlich der Durchführung von Befragungen werden in beiden Förderphasen ähnliche Problemlagen benannt: Panelmortalität, geringe Teilnahmequoten und Befragungsmüdigkeit bei den Studierenden. Prof. Daniel weist auf die Notwendigkeit großer Stichproben hin, damit Ergebnisse übertragbar sind.

Corona-Pandemie und Digitalisierung

Die pandemiebedingte Umstellung auf Online-Lehre ist ein äußerst relevanter Untersuchungsgegenstand in der Studienerfolgs- und Studienabbruchsforschung. Die Berücksichtigung der besonderen Umstände ist eine Herausforderung für alle Forschungsvorhaben, besonders für jene, die mit der Datenerhebung bereits begonnen haben. Die Corona-Sonderbefragung des DZHW kann einige Fragen beantworten, offen bleibt jedoch z.B. wie sich Corona auf die Entscheidung für oder gegen eine Studienaufnahme ausgewirkt hat (das Studienberechtigtenpanel kann hier keine Auskunft geben, da die Befragung nur alle vier Jahre durchgeführt wird. Die letzte Erhebung wurde 2018 durchgeführt, die nächste 2022).

Frau Prof. Mayrberger sieht die Digitalisierung in diesem Zusammenhang als Brennglas, das zeigt, wo auch vorher schon Probleme bestanden. Die Digitalisierung kann den Studienabbruch befördern, aber auch den Studienerfolg unterstützen.

Headline: Kurzpräsentationen der Förderprojekte